Weltspartag – doch wer spart überhaupt?

Unsere Zahl des Monats 11/2023

01.11.2023

Sparen ist in Deutschland traditionell ein wichtiges, aber auch sensibles Thema. Den Deutschen eilt der Ruf des „Weltmeisters im Sparen“ voraus. Und tatsächlich liegt die Sparquote der Deutschen im Durchschnitt bei über 10 % – lediglich wenige Länder (z. B. Schweiz, Niederlande) können ein höheres Niveau aufweisen.[1]

In Zeiten hoher Inflation wird das Sparen für Menschen schwieriger. Seit dem Kriegsbeginn Russlands in der Ukraine erhöhten sich die Preise für Energie, Nahrungsmittel und andere Waren deutlich und die Inflationsrate stieg auf ein Rekordhoch.[2] Gleichzeitig entwickelten sich die Löhne, u.a. aufgrund von Inflationsausgleichsprämien und Mindestlohnanpassung, dynamisch – aber zeitversetzt. In Summe ergaben sich über sechs Quartale Reallohnverluste.[3]

Diese wirtschaftliche Entwicklung hat traditionell einen starken Einfluss auf das Sparverhalten der privaten Haushalte. Die Folgen der Inflation treffen jedoch nicht jeden Haushalt gleich. So sind Haushalte mit anteilig höheren Ausgaben für Energie oder Lebensmittel deutlich stärker betroffen als Haushalte mit geringeren Ausgaben in diesen Bereichen, da die genannten Ausgabenkategorien besonders hohe Teuerungsraten aufwiesen. Es stellt sich also die Frage, wie das Sparverhalten der privaten Haushalte nach Inflation und Reallohnverlust aussieht.

Dieser Fragestellung widmet sich das untenstehende Chord-Diagramm. Dargestellt werden die „Geldströme“ der privaten Haushalte in den einzelnen Ausgabenkategorien im Jahr 2023. Aufgeteilt werden die privaten Haushalte nach Dezilen des Haushaltsnettoeinkommens und die Stärke des Flusses ist ein Indiz für einen größeren oder kleineren Geldstrom.

Im Kontext unserer Fragestellung lenken wir unseren Blick auf die unterste Ausgabenkategorie „Ersparnis“. Auffällig ist hier, dass die größte der Sparleistungen von den reichsten drei Dezilen aufgebracht wird (Farben Grün und Gelb; 87,3 %). Allein das oberste 10. Dezil spart monatlich im Schnitt knapp 3200 Euro pro Monat und trägt somit über 55 % zur Sparleistung der privaten Haushalte in Deutschland bei. Auf der anderen Seite ist die Sparleistung der unteren drei Dezile (Farbe Rot) auf der Abbildung kaum zu erkennen. Diese von der Inflation deutlich getroffenen Haushalte haben kaum mehr die Möglichkeit zum Sparen. Lediglich das 3. Dezil kann eine positive Sparleistung von 12 Euro pro Monat aufbringen und trägt knapp 0,2 % zur gesamten Sparleistung bei.

Aktuell ist ein Rückgang des Inflationsgeschehens zu beobachten und der Reallohn stieg zuletzt erstmals wieder an. Besonders die Dezile der unteren Einkommen dürften von den ersten Preissenkungen entlastet werden. Dennoch ist der Weg zu einer nachhaltigen Ersparnis weiterhin lang.
 


[1] Statistisches Bundesamt (2023): Sparquote in Deutschland im internationalen Vergleich mit gut 11 % überdurchschnittlich. Zahl der Woche Nr. 43 vom 24. Oktober 2023. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2023/PD23_43_p002.html, abgerufen am 26.10.2023.

[2] Statistisches Bundesamt (2023): Inflationsrate im September 2023 bei +4,5 %. Pressemitteilung Nr. 405 vom 11. Oktober 2023. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/10/PD23_405_611.html, abgerufen am 26.10.2023.

[3] Statistisches Bundesamt (2023): Entwicklung der Reallöhne, der Nominallöhne und der Verbraucherpreise. https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Realloehne-Nettoverdienste/Tabellen/liste-reallohnentwicklung.html, abgerufen am 26.10.2023.
 

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