Strategische Vorausschau: Transformation 2030.

Bovenschulte, M., Peters, R., Ehrenberg-Silies, S., Wolter, M. I., de Saussure, M. & Goluchowicz, K. (2023): Strategische Vorausschau: Transformation 2030. Rahmenbedingungen des deutschen Innovationssystems. Positionspapier hrsg. v. VDI/VDE Innovation + Technik GmbH, Berlin.

Abstract

In Zeiten von wachsender Unsicherheit, Polykrisen und Zeitenwende kommt der Strategischen Vorausschau („Foresight“) die Aufgabe zu, das bestehende Analysespektrum für transformative Politikgestaltung zu ergänzen. In einer Periode systemischer Veränderung reichen tradierte Strategien („Fahren auf Sicht“), die auf Basis einer Analyse bestehender Evidenz („Status Quo“) politische Handlungsbedarfe herleiten, nicht mehr aus. Die Strategische Vorausschau bietet dabei ein Methodenspektrum, um in einem strukturierten Prozess mögliche zukünftige Ausprägungen von Themen und Entwicklungen zu erfassen und abzuschätzen. Dabei werden Möglichkeitsräume beschrieben und eine vorausschauende Gestaltung („antizipative Politikgestaltung“) unterstützt. Da es keine harten Fakten über die Zukunft geben kann und kommende Entwicklungspfade auf Entscheidungen und Reaktionen vieler zurückzuführen sind, tritt bei der Strategischen Vorausschau die Plausibilität an die Stelle von wissenschaftlicher Evidenz. Je nach getroffenen Annahmen, die sowohl Randbedingungen als auch veränderte Entscheidungsprozesse umfassen können, entstehen so unterschiedliche, denkbare Szenarien. Anders als bei Prognosen und Vorhersagen wird also mehr als „die eine Zukunft“ beschrieben. Damit bietet die Strategische Vorausschau einen Orientierungsrahmen für die politische Gestaltung und eine mögliche Prioritätensetzung/Kräftebündelung. In einem ersten Schritt wurden die wichtigsten Randbedingungen des deutschen Innovationssystems ermittelt. Aus dieser thematischen Übersicht wurden zentrale Einflussfaktoren abgeleitet, deren mögliche Entwicklung bis 2030 unter Einbindung von 40 Expert:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Bundesregierung vorausgedacht und einer Cross-Impact-Analyse unterzogen wurden. Sechs Schlüsselfaktoren im Sinne von besonders einflussreichen Randbedingungen konnten in diesem Schritt identifiziert werden. Für jeden der sechs Schlüsselfaktoren wurden zwei bis drei exemplarische zukünftige Ausprägungen bzw. Entwicklungsrichtungen beschrieben. Hieraus ergeben sich drei konsistente Szenariopfade bis zum Jahr 2030. Das Papier beschreibt zunächst die Rahmenbedingungen des deutschen Innovationssystems und legt dar, auf welcher Grundlage im weiteren Verlauf Annahmen über dessen mögliche künftige Entwicklung getroffen werden. Anschließend wird gezeigt, wie ausgehend von einem Set von 15 Einflussfaktoren die Auswahl von Schlüsselfaktoren erfolgt. In einem weiteren Schritt werden die ermittelten, denkbaren künftigen Ausprägungen der Schlüsselfaktoren sowie die darauf aufbauend entwickelten Szenariopfade vorgestellt. Danach erfolgt die Abschätzung der volkswirtschaftlichen Implikationen der beschriebenen Szenariopfade. Zuletzt werden die zentralen Schlussfolgerungen des Berichts zusammengefasst und Handlungsansätze für die Politikgestaltung identifiziert. Aus dem hier präsentierten Prozess der Strategischen Vorausschau lassen sich vor allem relevante Fragestellungen für einen weiteren Gestaltungsdiskurs zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ableiten.