Bildung, Gesundheit und Sicherheit machen Arbeit – wer leistet diese heute und in Zukunft?

Aktuelle Studie erschienen

12.02.2024


Ein sich zunehmend verschärfender Arbeits- und Fachkräftemangel stellt die Daseinsvorsorge vielerorts infrage. Auf Basis mehrjähriger Forschungen beleuchtet ein eben erschienenes Buch die arbeitskraftbezogenen Voraussetzungen von Bildung, Gesundheit und Sicherheit. Personenbezogene Dienstleistungen, auf denen diese öffentlichen Güter maßgeblich basieren, sind arbeitsaufwändig und tendenziell vor Ort zu erbringen. Viele dieser Leistungen sind gleichzeitig unverzichtbar, so dass sie auch in Zukunft sichergestellt werden müssen. Welche notwendigen Veränderungen ergeben sich daraus für die Daseinsvorsorge als Arbeitsmarkt und Berufsfeld?

Dienstleistungen spielen in modernen Gesellschaften nicht nur ökonomisch eine zentrale Rolle, sondern auch in sozialer und politischer Hinsicht. Wenn gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen in Zukunft ebenso in ausreichender Weise verfügbar bleiben sollen, muss Arbeit im Dienste öffentlicher Güter mindestens so attraktiv sein wie Arbeit in anderen Branchen. Ob dies der Fall ist, hat das mehrjährige, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt „Gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen sicherstellen“ (GenDis) empirisch untersucht.

René Lehweß-Litzmann, Projektleiter am SOFI in Göttingen, fasst das Ergebnis überraschend positiv zusammen: „In den von uns untersuchten Branchen, also dem Bildungs- und Gesundheitswesen, den Bereichen Verwaltung und Sicherheit, finden sich zum Teil sehr attraktive Berufsbilder. Die Beschäftigten erfahren ihre Arbeit als sinnvoll und nicht wenige Berufsgruppen sind zudem gut bezahlt und genießen eine hohe Beschäftigungssicherheit.“

Bennet Krebs, Wissenschaftler am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn, hat im Rahmen des GenDis-Projektsberufliche Belastungen untersucht. Diese seien im Bereich der personenbezogenen Daseinsvorsorge-Dienstleistungen insgesamt groß. Zum Teil seien die Belastungen den Tätigkeiten immanent, zum Teil jedoch vermeidbar, wenn Rahmenbedingungen verändert würden, insbesondere die Personalschlüssel.

Doch gerade in der Verfügbarkeit weiteren Personals liegt das Problem: „Selbst wenn die Daseinsvorsorge ihre Beschäftigten halten kann oder sogar noch neue Stellen geschaffen werden: Der Bedarf wächst einfach schneller“, betont Marc Ingo Wolter (GWS). Anja Sonnenburg (GWS) ergänzt: „Es genügt auch nicht, auf die Zahl der Beschäftigten insgesamt zu schauen – sie müssen genau dort sein, wo sie gebraucht werden. In manchen ländlichen Regionen Deutschlands ist der Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage schon dramatisch.“

Am Ende des Buches steht die Feststellung: Die Daseinsvorsorge in Deutschland ist in den kommenden Jahrzehnten zumindest lokal gefährdet – „weiter so wie bisher“ wird es nicht gehen. Eine Patentlösung ist jedoch nicht in Sicht. Und wenn, dann kann eine teilweise Unterversorgung der Bevölkerung mit notwendigen Dienstleistungen nur durch eine Kombination verschiedener Ansätze abgewendet werden: Jungen Menschen wenig bekannte Berufsbilder wie etwa Berufsschullehrer:in frühzeitig bekannt machen, Arbeitskraftpotenziale Zugewanderter besser erschließen, Berufswechsel in Daseinsvorsorgeberufe erleichtern, (digitale) Hilfsmittel einsetzen, um Arbeitsbelastung zu reduzieren - etwa bei der Dokumentation, Datenverwaltung und -sicherung. Auch eine gesellschaftliche Diskussion darüber, welche Leistungen tatsächlich in den Kreis der unverzichtbaren gehören, wird zu führen sein.

Berthold Vogel, Direktor des SOFI, zeigt sich erfreut über die neue, fruchtbare Forschungskooperation des SOFI mit GWS und BIBB: „Jedes der Institute hat seine Forschungsstärken eingebracht. So konnten wir multimethodisch unterschiedliche Aspekte dieses für die Entwicklung unseres Wohlstands und unserer Demokratie so wichtigen Themas erfolgreich untersuchen.“

Der eben erschienene Sammelband bildet die Forschung des GenDis-Projekts in zehn Beiträgen ab. Die Publikation ist im Buchhandel und alternativ als eBook zum kostenfreien Download erhältlich.
 

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